Für das Wiener Auktionshaus im Kinksy war es ein Coup: Ein fast hundert Jahre vor den Blicken der Öffentlichkeit verborgenes Gemälde Gustav Klimts wurde bei ihm zur Auktion eingeliefert, eines der letzten Werke des 1918 verstorbenen Jugendstilmalers, das er 1917 begonnen und unvollendet zurückgelassen hatte. Der Forschung bekannt war das unsignierte „Bildnis Fräulein Lieser“ nur von Schwarzweiß-Fotografien.
Dass es jahrzehntelang in einer österreichischen Privatwohnung hing, war ebenso eine Überraschung wie die zarte Farbigkeit des 140 Zentimeter hohen Halbporträts einer jungen Frau. Die gütliche Einigung der Einlieferer mit den Erben der Vorbesitzerin des Bildes, die ihrer jüdischen Abstammung wegen während der NS-Zeit in einem Konzentrationslager ermordet worden war, machte den Weg frei für eine Auktion mit Rekorderwartungen. Auch eine Ausfuhrgenehmigung lag vor.
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Rund 15.000 Interessierte sollen nach Angaben des Auktionshauses in den vergangenen Tagen zur Vorbesichtigung gekommen sein. Auf 30 bis 50 Millionen Euro taxiert, trat das „Bildnis Fräulein Lieser“ schließlich am heutigen Mittwochnachmittag zur Auktion an. Aufgerufen wurde es bei 28 Millionen Euro. Schon bei 30 Millionen war Schluss; ein Bieter im Saal erhielt den Zuschlag.
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Klimt, Mitbegründer der Wiener Secession, ist unter anderem für das 1908 entstandene Bild „Der Kuss“ bekannt, das als bekanntestes österreichisches Gemälde gilt. Werke von ihm stellten in den vergangenen Jahren immer wieder Auktionsrekorde auf. 2023 wurde seine „Dame mit Fächer“ bei Sotheby’s in London bei 74 Millionen Pfund zugeschlagen. Nie zuvor war in Europa ein höherer Preis für ein Kunstwerk auf einer Auktion erzielt worden. 105 Millionen Dollar erreichte Klimts Gemälde „Buchenwald“, das 2022 aus der Sammlung des Microsoft-Mitgründers Paul G. Allen unter den Hammer kam: Auktionsrekord für ein Werk des Künstlers.
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In privaten Verkäufen sind Werke Klimts noch teurer. Für kolportierte 150 Millionen Dollar soll ein chinesischer Sammler Oprah Winfrey das Bildnis „Adele Bloch-Bauer II“ abgekauft haben. Ronald Lauder wiederum soll 135 Millionen Dollar privat für „Adele Bloch-Bauer I“, die „Goldene Adele“, investiert haben.
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Den Auktionsrekord in Österreich hielt bislang Frans Franckens Gemälde „Der Mensch, der sich zwischen Tugend und Laster entscheiden muss“, das 2010 im Wiener Dorotheum bei rund sieben Millionen Euro den Besitzer wechselte